Deine aktuelle Situation kann beschrieben werden als "Der Brunnen" und transformiert sich in "Der Besitz Von Grossem".
Vor Dir liegt "das Wasser" - dieses Element transformiert sich in "das Feuer". Das bedeutet, dass Gefahr, das Unbekannte, eingestellte Aktivität umgewandelt wird in Licht und Wärme, Hingabe und Leidenschaft. Hinter Dir liegt "der Wind" - dieses Element transformiert sich in "der Himmel". Das bedeutet, dass Durchdringung und Geschäfte umgewandelt wird in Kraft und Gesundheit, Aktivität und Bewegung.
Die Situation
48. Dsing - Der Brunnen Oben (vorne): Kan - das Abgründige (das Wasser) Unten (hinten): Sun - das Sanfte (der Wind)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Unten ist das Holz, oben das Wasser. Das Holz steigt in die Erde, um das Wasser heraufzuholen. Es ist das Bild des altchinesischen Wippbrunnens. Mit dem Holz sind nicht etwa die Eimer, die in alter Zeit von Ton waren, gemeint, sondern die Holzstange, durch deren Bewegungen das Wasser aus dem Brunnen gehoben wird. Das Bild deutet auch auf die Pflanzenwelt, die in ihren Adern das Wasser aus der Erde emporhebt. Der Brunnen, aus dem man Wasser schöpft, enthält außerdem den Gedanken der unerschöpflichen Nahrungsspende.
Das Urteil für die aktuelle Situation
Der Brunnen. Man mag die Stadt wechseln, aber kann nicht den Brunnen wechseln. Er nimmt nicht ab und nimmt nicht zu. Sie kommen und gehen und schöpfen aus dem Brunnen. Wenn man beinahe das Brunnenwasser erreicht hat, aber noch nicht mit dem Seil drunten ist oder seinen Krug zerbricht so bringt das Unheil.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Die Hauptstädte wurden im alten China zuweilen verlegt, teils aus Gründen der Gunst der Lage, tei1s bei dem Wechsel der Dynastien. Der Baustil wechselte im Lauf der Jahrhunderte, aber die Form des Brunnens ist von uralter Zeit bis auf den heutigen Tag dieselbe geblieben. So ist der Brunnen ein Bild der gesellschaftlichen Organisation der Menschheit in ihren primitivsten Lebensnotswendigkeiten, die von allen politischen Gestaltungen unabhängig ist. Die politischen Gestaltungen, die Nationen wechseln, aber das Leben der Menschen mit seinen Erfordernissen bleibt ewig dasselbe. Das läßt sich nicht ändern. Dieses Leben ist auch unerschöpflich. Es wird nicht weniger noch mehr und ist für alle da. Geschlechter kommen und gehen, und sie alle genießen das Leben in seiner unerschöpflichen Fülle.
Für eine gute staatliche oder gesellschaftliche Organisation der Menschen ist aber ein Doppeltes nötig. Man muß bis auf die Grundlagen des Lebens hinuntergehen. Alle Oberflächlichkeit in der Lebensordnung, die die tiefsten Lebensbedürfnisse unbefriedigt läßt, ist ebenso unvollkommen, als hätte man gar keinen Versuch zur Ordnung gemacht. Ebenso ist eine Fahrlässigkeit, durch die der Krug zerbricht, vom Übel. Wenn z. B. der militärische Schutz eines Staates so übertrieben wird, daß er Kriege hervorruft, durch die die Macht des Staates vernichtet wird, so ist das ein Zerbrechen des Krugs. Auch für den einzelnen Menschen kommt das Zeichen in Betracht. So verschieden die Anlagen und Bildungen der Menschen sind, die menschliche Natur in ihren Grundlagen ist bei jedem dieselbe. Und jeder Mensch kann bei seiner Bildung aus dem unerschöpflichen Born der göttlichen Natur des Menschenwesens schöpfen. Aber auch hier drohen zwei Gefahren: einmal, daß man in seiner Bildung nicht durchdringt bis zu den eigentlichen Wurzeln des Menschentums, sondern in Konvention steckenbleibt - eine solche Halbbildung ist ebenso schlimm wie Unbildung-, oder daß man plötzlich zusammenbricht und die Bildung seines Wesens vernachlässigt.
Das Bild der aktuellen Situation
Über dem Holz ist Wasser: das Bild des Brunnens. So ermuntert der Edle das Volk bei der Arbeit und ermahnt es, einander zu helfen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Unten ist das Zeichen Sun, Holz, darüber das Zeichen Kan, Wasser. Das Holz saugt das Wasser nach oben. Wie das Holz als Organismus die Tätigkeit des Brunnens nachahmt, die allen Teilen der Pflanze zugute kommt, so ordnet der Edle die menschliche Gesellschaft, daß sie wie ein Pflanzenorganismus zum Wohl des Ganzen ineinandergreift.
Interpretation der veränderlichen Linien
Line 1: Der Schlamm des Brunnens wird nicht getrunken. Zu einem alten Brunnen kommen keine Tiere.
Kommentar von Richard Wilhelm:
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Wenn sich jemand in den sumpfigen Niederungen umhertreibt, so versinkt sein Leben im Schlamm. Ein solcher Mensch verliert seine Bedeutung für die Menschheit. Wer sich selbst wegwirft, zu dem kommen auch die andern nicht mehr. Niemand kümmert sich schließlich mehr um ihn.
Line 4: Der Brunnen wird ausgemauert, kein Makel.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn der Brunnen ausgemauert wird, so kann man ihn zwar solange nicht benützen, aber die Arbeit ist nicht vergebens; sie bewirkt, daß das Wasser klar bleibt. So gibt es im Leben auch Zeiten, in denen man sich selbst in Ordnung bringen muß. Während dieser Zeit kann man zwar nichts für andere leisten, aber sie ist dennoch wertvoll, weil man durch innere Ausbildung seine Kraft und Fähigkeiten steigert, so daß man nachher um so mehr leistet.
Line 5: Im Brunnen ist ein klarer, kühler Quell, den man trinken kann.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das ist ein guter Brunnen, der auf seinem Grunde eine Quelle lebendigen Wassers hat. Ein Mann, der solche Tugenden hat, ist zum Retter und Führer der Menschen geboren. Er hat das Wasser des Lebens. Dennoch fehlt das Zeichen: Heil. Beim Brunnen kommt alles darauf an, daß das Wasser geschöpft wird. Das beste Wasser ist für die Erfrischung der Menschen nur als Möglichkeit da, solange es nicht gehoben ist. So kommt es auch bei Führern der Menschheit darauf an, daß man aus ihrer Quelle trinkt, ihre Worte ins Leben überführt.
Line 6: Man schöpft aus dem Brunnen ohne Hinderung. Er ist zuverlässig. Erhabenes Heil !
Kommentar von Richard Wilhelm:
Der Brunnen ist für alle da. Kein Verbot hemmt die Schöpfenden. Aber so viele auch kommen, sie finden, was sie brauchen; denn der Brunnen ist zuverlässig. Er hat eine Quelle und versiegt nicht; darum ist er für das ganze Land ein großes Heil: so der wirklich große Mann, der unerschöpflich reich ist an innerem Gut. Je mehr Menschen aus ihm schöpfen, desto größer wird sein Reichtum.
Die Zukunft
14. Da Yu - Der Besitz Von Grossem Oben (vorne): Li - das Haftende (das Feuer) Unten (hinten): Kien - das Schöpferische (der Himmel)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das Feuer am Himmel oben strahlt weit, so daß alle Dinge ins Licht und in die Erscheinung treten. Die schwache fünfte Linie befindet sich auf geehrtem Platz, und alle die starken Striche entsprechen ihr. Wer auf hohem Platz bescheiden und mild ist, dem fällt alles zu. (Der Sinn des Zeichens stimmt mit dem Worte Jesu überein: Selig sind die Sanftmütigen denn sie werden das Erdreich besitzen.).
Das Urteil für die Zukunft
Der Besitz von Großem: Erhabenes Gelingen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Die beiden Urzeichen zeigen an, daß Kraft und Klarheit sich vereinigen. Der Besitz von Großem ist vom Schicksal bestimmt und entspricht der Zeit. Wie ist es möglich, daß die schwache Linie die Kraft hat, die Starken festzuhalten und zu besitzen? Durch ihre uneigennützige Bescheidenheit. Es ist eine günstige Zeit. Stärke im Innern und Klarheit und Bildung im Äußern. Die Kraft äußert sich fein und beherrscht. Das gibt erhabenes Gelingen und Reichtum. (Man könnte denken das Zeichen »Zusammenhalten« Nr. 8 sei noch günstiger da dort ein Starker die fünf Schwachen um sich versammelt. Dennoch ist das hier beigefügte Urteil »Erhabenes Gelingen« viel günstiger. Das kommt daher daß die von dem starken Herrscher Zusammengehaltenen dort nur einfache Untertanen sind während hier dem sanftmütigen Herrn lauter starke Gehilfen zur Seite stehen.)
Das Bild der Zukunft
Das Feuer am Himmel oben: das Bild des Besitzes von Großem. So hemmt der Edle das Böse und fördert das Gute und gehorcht so des Himmels gutem Willen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Die Sonne droben am Himmel, die alles Irdische bescheint, ist das Bild des Besitzes im Großen. Aber ein solcher Besitz muß recht verwaltet werden. Die Sonne bringt das Böse und das Gute an den Tag. Vom Menschen muß das Böse bekämpft und gehemmt, das Gute gefördert und begünstigt werden. Nur auf diese Weise entspricht man dem guten Willen Gottes, der nur das Gute will und nicht das Böse.