Deine aktuelle Situation kann beschrieben werden als "Die Bedrängnis (die Erschöpfung)" und transformiert sich in "Das Zusammenhalten".
Vor Dir liegt "der See" - dieses Element transformiert sich in "das Wasser". Das bedeutet, dass Heiterkeit, Freude und Anziehungskraft umgewandelt wird in Gefahr, das Unbekannte, eingestellte Aktivität. Hinter Dir liegt "das Wasser" - dieses Element transformiert sich in "die Erde". Das bedeutet, dass Gefahr, das Unbekannte, eingestellte Aktivität umgewandelt wird in Empfänglichkeit, Pflege und Erhaltung.
Die Situation
47. Kun - Die Bedrängnis (die Erschöpfung) Oben (vorne): Dui - das Heitere (der See) Unten (hinten): Kan - das Abgründige (das Wasser)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Oben ist der See, das Wasser darunter. Der See ist leer und erschöpft. Noch auf eine andere Weise kommt der Gedanke der Erschöpfung heraus: oben eine dunkle Linie, die zwei lichte unten hält; unten ist eine lichte Linie zwischen zwei dunkle eingeklemmt. Das obere Zeichen gehört dunklen Prinzip an während das untere dem lichten Prinzip angehört. So sind überal1 die Edlen von den Gemeinen unterdrückt und in Schranken gehalten.
Das Urteil für die aktuelle Situation
Die Bedrängnis. Gelingen. Beharrlichkeit. Der große Mann wirkt Heil. Kein Makel. Wenn man etwas zu sagen hat, wird es nicht geglaubt.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Notzeiten sind das Gegenteil von Erfolg. Aber sie können zu Erfolg führen, wenn sie den rechten Menschen treffen. Wenn ein starker Mensch in Not kommt, so bleibt er trotz aller Gefahr heiter, und diese Heiterkeit ist die Grundlage späterer Erfolge. Sie ist die Beständigkeit, die stärker ist als das Schicksal. Wer sich durch Erschöpfung innerlich brechen läßt, der hat freilich keinen Erfolg. Aber wen die Not nur beugt, in dem erzeugt sie eine Kraft der Gegenwirkung, die sicher mit der Zeit ans Licht kommt. Doch dazu ist kein Gemeiner fähig. Nur der große Mann wirkt Heil und bleibt ohne Makel. Freilich nach außen hin ist ihm zunächst der Einfluß versagt, da seine Worte keine Wirkung haben. Darum gilt es in Zeiten der Not innerlich stark zu sein und wenig Worte zu machen.
Das Bild der aktuellen Situation
Im See ist kein Wasser: das Bild der Erschöpfung. So setzt der Edle sein Leben daran, um seinem Willen zu folgen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn das Wasser aus dem See nach unten geflossen ist, muß der See vertrocknen und sich erschöpfen. Das ist Schicksal. Das ist das Bild widriger Schicksale im Menschenleben. In solchen Zeiten läßt sich nichts tun, als daß man sein Schicksal auf sich nimmt und sich selbst treu bleibt. Es handelt sich dabei aber um die tiefste Schicht des eigentlichen Wesens; denn nur die ist jedem äußeren Schicksal überlegen.
Interpretation der veränderlichen Linien
Line 2: Man ist bedrängt bei Wein und Speisen. Der Mann mit den scharlachroten Kniebinden kommt eben. Fördernd ist es, Opfer Darzubringen Aufbrechen ist von Unheil Kein Makel.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Hier ist es eine innere Bedrängnis, in der man sich befindet. Äußerlich geht alles gut, man hat zu essen und zu trinken. Aber man ist erschöpft durch die Gewöhnlichkeiten des Lebens, aus denen sich kein Ausweg zeigt. Doch von oben her kommt Hilfe. Ein Fürst- die Fürsten trugen im alten China scharlachrote Kniebinden - ist auf der Suche nach tüchtigen Gehilfen. Aber es sind noch Hindernisse zu überwinden. Darum ist es wichtig, diesen Hindernissen im Unsichtbaren zu begegnen durch Opfer und Gebet. Unvorbereitet aufzubrechen wurde ins Unhei1 führen, obwohl es sittlich nicht unrecht ist. Man muß hier durch innere Geduld eine widrige Situation überwinden.
Line 4: Er kommt ganz sachte, bedrängt in einem goldnen Wagen. Beschämung, aber man kommt zu Ende.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Ein wohlhabender Mann sieht die Not der Unteren und möchte auch ganz gerne helfen. Doch greift er nicht rasch und energisch zu, wo es nötig ist, sondern fängt die Sache zögernd und gemessen an. Da stößt er auf Hindernisse. Mächtige und reiche Leute der Bekanntschaft ziehen ihn in ihre Kreise. Er muß mittun und kann sich ihnen nicht entziehen. Daher befindet er sich in einer großen Verlegenheit. Aber die Not ist vorübergehend. Die ursprüngliche Stärke der Natur gleicht den begangenen Fehler wieder aus, und das Ziel wird erreicht.
Die Zukunft
8. Bi - Das Zusammenhalten Oben (vorne): Kan - das Abgründige (das Wasser) Unten (hinten): Kun - das Empfangende (die Erde)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das Wasser über der Erde fließt zusammen, wie es immer kann, z. B. im Meer, wo sich alle Flüsse sammeln. Dies ist ein Symbol, das auf das Zusammenhalten und auf seine Gesetze deutet. Derselbe Gedanke wird dadurch nahegelegt, daß alle Linien weich sind, bis auf den festen Strich an fünfter Stelle auf dem Platz des Herrschers. Die Weichen halten zusammen, indem sie von dem festen Willen an leitender Stelle beeinflußt werden, der ihr Vereinigungsmittelpunkt ist. Aber auch diese starke, leitende Persönlichkeit hält mit den andern zusammen, durch die sie eine Ergänzung zu ihrem eigenen Wesen findet.
Das Urteil für die Zukunft
Das Zusammenhalten bringt Heil. Ergründe das Orakel nochmals, ob du Erhabenheit, Dauer und Beharrlichkeit hast; dann ist kein Makel da. Die Unsicheren kommen allmählich herbei. Wer zu spät kommt, hat Unheil.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Es handelt sich darum, daß man sich mit andern zusammentut, um durch den Zusammenhalt sich gegenseitig zu ergänzen und zu fördern. Für einen solchen Zusammenhalt muß ein Mittelpunkt da sein, um den sich die andern scharen. Mittelpunkt für das Zusammenhalten von Menschen zu werden, ist eine schwere Sache mit großer Verantwortung. Es bedarf innerlicher Größe, Konsequenz und Kraft dazu. Darum prüfe sich selbst, wer andre um sich vereinigen will, ob er der Sache gewachsen ist; denn wer andre sammeln will ohne das Siegel des Berufenen, der richtet mehr Verwirrung an, als wenn kein Zusammenschluß stattgefunden hätte.
Wo aber ein wirklicher Sammlungspunkt vorhanden ist, da kommen die Unsicheren, anfangs noch Zögernden allmählich von selbst herbei. Die, die zu spät kommen, haben selbst den Schaden davon. Denn es handelt sich auch beim Zusammenhalten um die richtige Zeit. Beziehungen knüpfen sich und festigen sich nach bestimmten inneren Gesetzen. Gemeinsame Erlebnisse festigen sie, und wer zu spät kommt und nicht mehr teilnehmen kann an diesen grundlegenden gemeinsamen Erfahrungen, der hat darunter zu leiden, wenn er als Nachzügler die Tür verschlossen findet.
Wer aber die Notwendigkeit des Zusammenschlusses erkannt hat und nicht die Kraft in sich fühlt, als Mittelpunkt des Zusammenhaltens zu wirken, der hat die Pflicht, sich einer andern organischen Gemeinschaft anzuschließen. (Vergleiche dazu das Distichon: "Immer strebe zum Ganzen, und kannst du seIber kein Ganzes werden, als dienendes Glied schließ an ein Ganzes dich an..)
Das Bild der Zukunft
Auf der Erde ist Wasser: das Bild des Zusammenhaltens. So haben die Könige der Vorzeit die einzelnen Staaten als Lehen vergeben und mit den Lehensfürsten freundlichen Verkehr gepflegt.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das Wasser auf der Erde füllt alle Lücken aus und haftet fest an ihr. Die Gesellschaftsorganisation des Altertums war auf diesen Grundsatz des Zusammenhaltens zwischen Abhängigen und Herrscher gegründet. Das Wasser fließt von selbst zusammen weil es in allen seinen Teilen unter denselben Gesetzen steht. So muß auch die menschliche Gesellschaft zusammenhalten durch eine Interessengemeinschaft, die jeden einzelnen sich als Glied eines Ganzen fühlen läßt. Die Zentralgewalt eines gesellschaftlichen Organismus muß dafür sorgen, daß jedes Glied sein wahres Interesse im Zusammenhalten findet, wie das in dem väterlichen Verhältnis von Großkönig und Lehnsträgern im chinesischen Altertum der Fa11 war.