Deine aktuelle Situation kann beschrieben werden als "Vor Der Vollendung" und transformiert sich in "Der Wanderer".
Vor Dir liegt "das Feuer", dieses Element repräsentiert Licht und Wärme, Hingabe und Leidenschaft. Hinter Dir liegt "das Wasser" - dieses Element transformiert sich in "der Berg". Das bedeutet, dass Gefahr, das Unbekannte, eingestellte Aktivität umgewandelt wird in Stabilität, Unbeweglichkeit, Stille und Meditation.
Die Situation
64. We Dsi - Vor Der Vollendung Oben (vorne): Li - das Haftende (das Feuer) Unten (hinten): Kan - das Abgründige (das Wasser)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Es ist in dem Zeichen die Zeit angedeutet, da der Übergang aus der Unordnung zur Ordnung noch nicht vollendet ist. Der Umschwung ist zwar schon vorbereitet, indem alle Striche des oberen Trigramms zu denen des unteren in Beziehung stehen. Aber sie sind noch nicht auf ihrem Platz. Während das vorige Zeichen dem Herbst gleicht, der den Übergang vom Sommer zum Winter bildet, ist dieses Zeichen wie der Frühling, der aus der Stockungszeit des Winters in die fruchtbare Zeit des Sommers führt. Mit diesem hoffnungsvollen Ausblick schließt das Buch der Wandlungen ab.
Das Urteil für die aktuelle Situation
Vor der Vollendung. Gelingen. Wenn aber der kleine Fuchs, wenn er beinahe den Übergang vollendet hat, mit dem Schwanz ins Wasser kommt, dann ist nichts, das fördernd wäre.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Die Verhältnisse sind schwierig. Die Aufgabe ist groß und verantwortungsvoll. Es handelt sich um nichts Geringeres, als die Welt aus der Verwirrung in die Ordnung zurückzuführen. Dennoch ist es eine Aufgabe, die Erfolg verheißt, da ein Ziel vorhanden ist, das die auseinanderstrebenden Kräfte zu vereinigen vermag Nur muß man zunächst noch leise und behutsam vorgehen. Man muß vorgehen wie ein alter Fuchs, der übers Eis geht. In China ist die Vorsicht des Fuchses, wenn er über Eis geht, sprichwörtlich. Er horcht stets auf das Krachen und sucht sich sorgfältig und umsichtig die sichersten Stellen aus. Ein junger Fuchs, der diese Vorsicht noch nicht kennt, geht kühnlich drauflos, und da es vorkommen, daß er hineinfällt, wenn er beinahe schon über das Wasser ist, und seinen Schwanz naß macht. Dann war natürlich die ganze Mühe vergeblich. Dementsprechend ist in Zeiten vor der Vollendung Überlegung und Vorsicht die Grundbedingung des Erfolges.
Das Bild der aktuellen Situation
Das Feuer ist oberhalb des Wassers: das Bild des Zustands vor dem Übergang. So ist der Edle vorsichtig in der Unterscheidung der Dinge, damit jedes auf seinen Platz kommt.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn das Feuer, das ohnehin nach oben dringt, oben und das Wasser, dessen Bewegung abwärts geht, unten ist, so gehen ihre Wirkungen auseinander und bleiben ohne Beziehung. Will man eine Wirkung erreichen, so muß man erst erforschen, was die Natur der in Betracht kommenden Kräfte und welches der ihnen zukommende Platz ist. Bringt man die Kräfte an der rechten Stelle zum Einsatz, so haben sie die gewünschte Wirkung, und die Vollendung wird erreicht. Um aber die äußeren Kräfte richtig handhaben zu können, ist es vor allem nötig, daß man selbst den richtigen Standpunkt einnimmt. Denn nur von da aus kann man richtig wirken.
Interpretation der veränderlichen Linien
Line 2: Er hemmt seine Räder. Beharrlichkeit bringt Heil.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Auch hier ist die Zeit zum Handeln noch nicht gekommen. Aber die Geduld, die vonnöten ist, darf nicht ein träges Warten sein, das in den Tag hineinlebt. Das würde dauernd zu keinem Erfolg führen. Sondern man muß in sich die Kraft ausbilden, die einen befähigt voranzukommen. Man muß gleichsam einen Wagen haben, um den Übergang zu vollziehen. Aber man muß ihn noch hemmen. Geduld im höchsten Sinn ist gehemmte Kraft. Daher darf man nicht einschlafen und das Ziel aus dem Auge verlieren. Wenn man stark und beständig in seinem Entschluß bleibt, dann geht schließlich alles gut.
Line 3: Vor der Vollendung bringt Angriff Unheil. Fördernd ist es, das große Wasser zu durchqueren.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Die Zeit des Übergangs ist da. Aber man hat nicht die Kraft, den Übergang zu vollenden. Wollte man versuchen, ihn zu erzwingen, so wäre das unheilvoll eben weil dann der Zusammenbruch unvermeidlich wäre. Was ist aber zu tun? Man muß eine neue Lage schaffen, man muß die Kräfte tüchtiger Gehilfen heranziehen und mit ihnen gemeinsam den entscheidenden Schritt tun - das große Wasser durchqueren. Dann wird die Vollendung möglich werden.
Die Zukunft
56. Lü - Der Wanderer Oben (vorne): Li - das Haftende (das Feuer) Unten (hinten): Gen - das Stillehalten (der Berg)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Der Berg (Gen) steht still, oben das Feuer (Li) flammt auf und verweilt nicht. Darum bleiben sie nicht beisammen. Fremde, Trennung ist das Los des Wanderers.
Das Urteil für die Zukunft
Der Wanderer. Durch Kleinheit Gelingen. Dem Wanderer ist Beharrlichkeit von Heil.
Kommentar von Richard Wilhelm:
A1s Wanderer und Fremdling darf man nicht schroff sein und hoch hinaus wollen. Man hat keinen großen Bekanntenkreis, darum darf man sich nicht brüsten. Man muß vorsichtig und zurückhaltend sein, so schützt man sich vor Übel. Wenn man gegen die andern zuvorkommend ist, so erringt man Erfolge. Der Wanderer hat keine feste Stätte, die Straße ist seine Heimat. Darum muß er dafür sorgen, daß er innerlich recht und fest ist, daß er nur an guten Orten verweilt und nur mit guten Menschen verkehrt. Dann hat er Heil und kann unangefochten seine Straße ziehen.
Das Bild der Zukunft
Auf dem Berg ist Feuer: das Bild des Wanderers. So ist der Edle klar und vorsichtig in der Anwendung von Strafen und verschleppt keine Streitigkeiten.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn das Gras auf dem Berge abbrennt, so gibt es einen hellen Schein. Aber das Feuer verweilt nicht, sondern wandert der neuen Nahrung nach. Es ist nur eine rasch vorübergehende Erscheinung So soll es auch mit Strafen und Prozessen sein. Sie müssen eine rasch vorübergehende Erscheinung sein und dürfen sich nicht verschleppen. Die Gefängnisse müssen etwas sein, das die Leute nur vorübergehend, wie Gäste, aufnimmt. Sie dürfen nicht zu Wohnräumen der Menschen werden.