Deine aktuelle Situation kann beschrieben werden als "Des Grossen Zähmungskraft" und transformiert sich in "Die Minderung".
Vor Dir liegt "der Berg", dieses Element repräsentiert Stabilität, Unbeweglichkeit, Stille und Meditation. Hinter Dir liegt "der Himmel" - dieses Element transformiert sich in "der See". Das bedeutet, dass Kraft und Gesundheit, Aktivität und Bewegung umgewandelt wird in Heiterkeit, Freude und Anziehungskraft.
Die Situation
26. Da Tschu - Des Grossen Zähmungskraft Oben (vorne): Gen - das Stillehalten (der Berg) Unten (hinten): Kien - das Schöpferische (der Himmel)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das »Schöpferische« wird durch das »Stillehalten« bezähmt. Das gibt eine große Kraft, ganz anders als bei Nr. 9, wo nur das »Sanfte« das »Schöpferische« bezähmt. Während dort ein schwacher Strich die fünf Starken bezähmen soll, sind es hier zwei, außer dem Minister auch noch der Fürst. Darum ist ihre Zähmungskraft weit stärker. Eine dreifache Bedeutung liegt in dem Zeichen: der Himmel inmitten des Bergs gibt den Gedanken des Festhaltens = Beisammenhaltens; das Zeichen Gen, welches das Zeichen Kien stillhält, gibt den Gedanken des Festhaltens = Zurückhaltens. Indem schließlich ein starker Strich oben der Herr des Zeichens ist, der als Weiser geehrt und gepflegt wird, so ergibt sich hieraus der Gedanke des Festhaltens = Pflege, Ernährung. Der letzte Gedanke kommt namentlich bei dem Herrn des Zeichens, dem starken oberen Strich, der den Weisen repräsentiert, zur Geltung.
Das Urteil für die aktuelle Situation
Des Großen Zähmungskraft. Fördernd ist Beharrlichkeit. Nicht zu Hause essen bringt Heil. Fördernd ist es, das große Wasser zu durchqueren.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Zum Festhalten und Ansammeln von großen, schöpferischen Kräften, wie es in dem Zeichen dargestellt ist, bedarf es eines starken, klaren Mannes, der vom Herrscher geehrt wird. Das Zeichen Kien deutet auf starke Schöpferkraft, das Zeichen Gen auf Festigkeit und Wahrheit, beide deuten auf Licht und Klarheit und auf tägliche Erneuerung des Charakters. Nur durch eine solche tägliche Selbsterneuerung bleibt man auf der Höhe der Kraft. Während in ruhiger Zeit die Macht der Gewohnheit behilflich ist zur Ordnung, kommt es in solch großen Zeiten der Kraftansammlung ganz auf die Macht der Persönlichkeit an. Aber weil die Würdigen geehrt werden, wie die starke Persönlichkeit, die vom Herrscher mit der Leitung betraut ist, beweist, darum ist es günstig, nicht zu Hause zu essen, sondern in der 0ffentlichkeit durch Übernahme eines Amtes sein Brot zu verdienen. Man ist im Einklang mit dem Himmel; darum gelingen auch schwere, gefahrvolle Unternehmungen, wie das Durchqueren des großen Wassers.
Das Bild der aktuellen Situation
Der Himmel inmitten des Berges: das Bild von des Großen Zähmungskraft. So lernt der Edle viele Worte der Vorzeit und Taten der Vergangenheit kennen, um dadurch seinen Charakter zu festigen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Der Himmel inmitten des Berges deutet auf verborgene Schätze. So liegt in den Worten und Taten der Vergangenheit ein Schatz verborgen, der zur Festigung und Steigerung des eigenen Charakters verwendet werden kann. Das ist die rechte Art des Studiums, sich nicht auf historisches Wissen zu beschränken, sondern das Historische durch Anwendung immer wieder gegenwärtig zu machen.
Interpretation der veränderlichen Linien
Line 3: Ein gutes Pferd, das andern folgt. Fördernd ist Bewußtsein der Gefahr und Beharrlichkeit. Täglich übe dich im Wagenfahren und Waffenschutz. Fördernd ist es, zu haben, wohin man geht.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Der Weg öffnet sich. Die Hemmung hat aufgehört. Man steht in Beziehung zu einem starken Willen, der in gleicher Richtung wirkt. Man kommt voran wie ein gutes Pferd, das einem andern folgt. Aber es droht noch Gefahr, deren man bewußt bleiben muß, um sich nicht die Festigkeit rauben zu lassen. So muß man einerseits sich üben in dem, was voran führt, andererseits in dem, was gegen unvermuteten Angriff schützt. Dann ist es gut, ein Ziel zu haben, dem man zustrebt.
Die Zukunft
41. Sun - Die Minderung Oben (vorne): Gen - das Stillehalten (der Berg) Unten (hinten): Dui - das Heitere (der See)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das Zeichen stellt eine Minderung des unteren Zeichens zugunsten des oberen dar, indem der dritte, ursprünglich starke Strich nach oben gegangen ist und der ursprünglich schwache obere Strich an seine Stelle getreten ist. Das Untere wird also auf Kosten des Oberen vermindert. Das aber ist Verminderung schlechthin. Wenn man das Fundament eines Bauwerks vermindert und seine oberen Mauern verstärkt, so verliert das Ganze an Festigkeit. Ebenso ist eine Minderung des Volkswohlstands zugunsten der Regierung eine Verminderung schlechthin. Und die ganze Tendenz des Zeichens geht dahin, darauf hinzuweisen wie diese Wohlstandsverschiebung vor sich gehen kann, ohne daß die Quellen des Wohlstands im Volk und seinen unteren Ständen dadurch versiegen.
Das Urteil für die Zukunft
Minderung verbunden mit Wahrhaftigkeit wirkt erhabenes Heil ohne Makel. Man kann darin beharrlich sein. Fördernd ist es, etwas zu unternehmen. Wie übt man das aus? Zwei kleine Schüsselchen mag man benützen zum Opfer.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Minderung bedeutet nicht unter allen Umständen etwas Schlechtes. Mehrung und Minderung kommen zu ihrer Zeit. Da gilt es, sich in die Zeit zu Enden und die Armut nicht durch leeren Schein verdecken zu wollen. Wenn durch eine Zeit der geringen Dinge eine innere Wahrheit zum Ausdruck kommt, so darf man sich der Einfachheit nicht schämen. Sie ist dann gerade das richtige, das innere Kraft verleiht, durch die man dann wieder etwas unternehmen kann. Man darf selbst kein Bedenken tragen, wenn die äußere Schönheit der Kultur, ja selbst die Ausgestaltung religiöser Beziehungen unter der Einfachheit zu leiden hätte. Man muß von der Stärke der inneren Gesinnung etwas nehmen und es der Dürftigkeit der äußeren Erscheinung als Ersatz zulegen. Dann hilft die Kraft des Gehalts über die Schlichtheit der Form hinweg. Vor Gott bedarf es nicht des falschen Scheins. Auch mit geringen Mitteln läßt sich die Gesinnung des Herzens zum Ausdruck bringen*.
(* Vgl. das Scherflein der Witwe im Lukasevangelium.)
Das Bild der Zukunft
Unten am Berg ist der See: das Bild der Minderung. So bändigt der Edle seinen Zorn und hemmt seine Triebe.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Der See unten am Berg verdunstet. Dadurch wird er gemindert zu Gunsten des Bergs, der durch seine Feuchtigkeit bereichert wird. Der Berg ist das Bild eigensinniger Stärke, die sich zum Zorn verdichten kann, der See ist das Bild der unkontrollierten Lustigkeit, die sich zu leidenschaftlichen Trieben entwickeln kann, wenn sie auf Kosten der Lebenskräfte sich entwickelt. Da gilt es zu mindern: Der Zorn muß durch Stillehalten gemindert werden, die Triebe müssen durch Einschränkung gehemmt werden. Durch diese Minderung der niederen Seelenkräfte werden die höheren Seiten der Seele bereichert.