Deine aktuelle Situation kann beschrieben werden als "Die Befreiung" und transformiert sich in "Der Streit".
Vor Dir liegt "der Donner" - dieses Element transformiert sich in "der Himmel". Das bedeutet, dass Zeugung, Wachstum und Bewegung umgewandelt wird in Kraft und Gesundheit, Aktivität und Bewegung. Hinter Dir liegt "das Wasser", dieses Element repräsentiert Gefahr, das Unbekannte, eingestellte Aktivität.
Die Situation
40. Hie - Die Befreiung Oben (vorne): Dschen - das Erregende (der Donner) Unten (hinten): Kan - das Abgründige (das Wasser)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Die Bewegung geht hier aus der Gefahr heraus. Das Hemmnis ist beseitigt, die Schwierigkeiten sind in der Lösung begriffen. Die Befreiung ist noch nicht vorüber, sondern setzt eben erst ein, und ihre verschiedenen Stadien kommen in dem Zeichen zur Darstellung.
Das Urteil für die aktuelle Situation
Die Befreiung. Fördernd ist der Südwesten. Wenn nichts mehr da ist, wohin man zu gehen hätte, ist das Wiederkommen von Heil. Wenn es noch etwas gibt, wohin man gehen muß, dann ist Raschheit von Heil.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Es handelt sich um eine Zeit, da Spannungen und Verwicklungen sich zu lösen beginnen. In solchen Zeiten gilt es, sobald wie möglich zu den gewöhnlichen Verhältnissen sich zurückzuziehen - dies die Bedeutung des Südwestens. Solche Zeiten des Umschlags sind sehr wichtig. Ähnlich wie ein befreiender Regen die Spannung der Atmosphäre löst und alle Knospen zum Springen bringt, wirkt eine Zeit der Befreiung von drückender Last erlösend und anregend auf das Leben. Aber eins ist wichtig: Man darf in solchen Zeiten den Triumph nicht übertreiben wollen. Es gilt, nicht weiter vorzudringen, als nötig ist. Sowie die Befreiung erreicht ist, zurückzukehren zur Ordnung des Lebens, das ist von Heil. Wenn noch Reste aufzuarbeiten bleiben, so gilt es, das so schnell wie möglich zu tun, damit reiner Tisch gemacht wird und keine Verzögerungen eintreten.
Das Bild der aktuellen Situation
Donner und Regen erheben sich: das Bild der Befreiung. So verzeiht der Edle Fehler und vergibt die Schuld.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das Gewitter hat luftreinigende Wirkung. So macht es der Edle auch mit den Fehlern und Sünden der Menschen, die Spannungszustände hervorrufen. Durch Klarheit schafft er Befreiung. Aber wenn die Verfehlungen am Tage sind, dann bleibt er nicht dabei, sondern geht Über die Fehler, die unabsichtlichen Übertretungen, einfach weg, wie der Donner verklingt, und vergibt die Schuld, die absichtlichen Übertretungen, wie das Wasser alles vom Schmutz reinigt.
Interpretation der veränderlichen Linien
Line 5: Wenn der Edle sich nur befreien kann, das bringt Heil. Er zeigt so den Gemeinen, daß es ihm ernst ist.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Befreiungszeiten bedürfen des inneren Entschlusses. Die Gemeinen sind nicht zu entfernen durch Verbote und äußere Mittel. Will man sie loswerden, so muß man sich innerlich erst vollkommen von ihnen losmachen, dann merken sie von selber, daß es einem ernst ist, und ziehen sich zurück.
Line 6: Der Fürst schießt nach einem Habicht auf hoher Mauer. Er erlegt ihn. Alles ist fördernd.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Der Habicht auf hoher Mauer ist das Bild eines machtvollen Gemeinen an hoher Stelle, der die Befreiung hindert. Er widersteht der Einwirkung durch innere Einflüsse, da er in seiner Bosheit verhärtet ist. Er muß gewaltsam beseitigt werden; dazu bedarf es der entsprechenden Mittel.
Kungtse sagt darüber: »Der Habicht ist der Zweck der Jagd. Pfeil und Bogen sind die Werkzeuge und Mittel. Der Schütze ist der Mensch, der die Mittel zum Zweck richtig gebrauchen muß. Der Edle birgt die Mittel in seiner Person. Er wartet die Zeit ab, und dann handelt er. Wie sollte da nicht alles gut gehen? Er handelt und ist frei. Darum braucht er nur auszugehen und erlegt die Beute. So steht es mit einem Menschen, der handelt, nachdem er die Mittel fertiggestellt hat.«
Die Zukunft
6. Sung - Der Streit Oben (vorne): Kien - das Schöpferische (der Himmel) Unten (hinten): Kan - das Abgründige (das Wasser)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das obere Urzeichen, dessen Bild der Himmel ist, hat die Bewegungsrichtung nach oben, das untere Urzeichen »Wasser« ist seiner Natur nach abwärts gerichtet. Die Bewegungsrichtungen der beiden Hälften gehen auseinander, das ergibt den Gedanken des Streites.
Die Eigenschaft des Schöpferischen ist die Stärke, die des Abgründigen die Gefahr, Hinterlist. Wo List Gewalt vor sich hat, da gibt es Streit.
Eine dritte Ableitung legt sich innerhalb des Charakters durch Verbindung von abgründiger Hinterlist im Innern und starker Entschlossenheit im Äußern nahe. Ein derartiger Charakter wird sicher streitsüchtig sein.
Das Urteil für die Zukunft
Der Streit: Du bist wahrhaftig und wirst gehemmt. Sorgliches Innehalten auf halbem Weg bringt Heil. Zu Ende führen bringt Unheil. Fördernd ist es, den großen Mann zu sehen. Nicht fördernd ist es, das große Wasser zu durchqueren.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Streit entsteht, wenn man im Gefühl seines Rechts auf Widerstand stößt. Ohne die Überzeugung des eigenen Rechts führt Widerstand zu Hinterlist oder gewaltsamem Übergriffen aber nicht zum offenen Streit.
Ist man in Streit verwickelt, so ist machtvolle Besonnenheit, die jederzeit zur Beilegung des Streites und zum Vergleich auf halbem Weg bereit ist, das einzige Heilbringende. Ein Verfolgen des Streites bis zum bitteren Ende ist, selbst wenn man recht behält, vom übel, weil man dadurch die Feindschaft verewigt. Es ist wichtig, den großen Mann zu sehen, d. h. einen unparteiischen Mann, dessen Autorität hinreicht, um den Streit friedlich beizulegen oder gerecht zu entscheiden. Auf der andern Seite ist es zu vermeiden, in Zeiten des Unfriedens »das große Wasser zu durchqueren«, d. h. gefahrvolle Unternehmungen zu beginnen, denn die bedürfen einheitlich zusammengefaßter Kräfte, wenn sie gelingen sollen. Streit im Innern lähmt die Kraft, die Gefahr im Äußeren zu besiegen.
Das Bild der Zukunft
Himmel und Wasser gehen einander entgegengesetzt: das Bild des Streites. So überlegt der Edle bei allen Geschäften, die er tut, den Anfang.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das Bild deutet darauf hin, daß die Ursachen des Streites in den zuvor schon vorhandenen entgegengesetzten Richtungen beider Teile liegen. Sind solche einander entgegenstrebenden Richtungen einmal vorhanden, so folgt der Streit mit Notwendigkeit. Daraus folgt, daß, um Streit zu verhüten, im ersten Anfang alles sorgfältig bedacht werden muß. Wenn Recht und Pflicht genau festgelegt sind, oder wenn bei einer Verbindung von Menschen deren geistige Richtungen zusammengehen, so ist die Ursache des Streits zum voraus beseitigt.