Deine aktuelle Situation kann beschrieben werden als "Das Durchbeißen" und transformiert sich in "Die Betrachtung (der Anblick)".
Vor Dir liegt "das Feuer" - dieses Element transformiert sich in "der Wind". Das bedeutet, dass Licht und Wärme, Hingabe und Leidenschaft umgewandelt wird in Durchdringung und Geschäfte. Hinter Dir liegt "der Donner" - dieses Element transformiert sich in "die Erde". Das bedeutet, dass Zeugung, Wachstum und Bewegung umgewandelt wird in Empfänglichkeit, Pflege und Erhaltung.
Die Situation
21. Schi Ho - Das Durchbeißen Oben (vorne): Li - das Haftende (das Feuer) Unten (hinten): Dschen - das Erregende (der Donner)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das Zeichen stellt einen geöffneten Mund dar (vgl. Nr. 27, I), zwischen dessen Zähnen ein Hindernis ist (an vierter Stelle). Infolge davon lassen sich die Lippen nicht vereinigen. Um eine Vereinigung herbeizuführen, bedarf es des energischen Durchbeißens des Hindernisses. Das Zeichen besteht ferner aus den Zeichen für Donner und Blitz, um anzudeuten, wie Hindernisse in der Natur gewaltsam beseitigt werden. Das energische Durchbeißen überwindet das Hindernis der Vereinigung im Mund. Das Gewitter mit Donner und Blitz überwindet die störende Spannung in der Natur. Prozeß und Strafe überwinden die Störungen des harmonischen Zusammenlebens durch Verbrecher und Verleumder. Im Unterschied zu dem Zeichen Nr. 6, der Streit, wo es sich um Zivilprozesse handelt, ist hier der Strafprozeß behandelt.
Das Urteil für die aktuelle Situation
Das Durchbeißen hat Gelingen. Fördernd ist es, Gericht walten zu lassen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn ein Hindernis der Vereinigung entgegensteht, so schafft energisches Durchbeißen Erfolg. Das gilt in allen Verhältnissen. Immer wird die Einheit, wo sie nicht zustande kommt, durch einen Zwischenträger und Verräter, durch einen Hindernden und Hemmenden aufgehalten. Da muß man energisch durchgreifen, damit kein dauernder Schade entsteht. Solche bewußten Hinderungen verschwinden nicht von selbst. Gericht und Strafe sind nötig zur Abschreckung bzw. Beseitigung.
Aber es gilt dabei in der rechten Weise vorzugehen. Das Zeichen ist aus Li, Klarheit, und Dschen, Erregung, zusammengesetzt. Li ist weich, Dschen ist hart. Bloße Härte und Erregung wäre zu heftig im Strafen. Bloße Klarheit und Weichheit wäre zu schwach. Beides vereint schafft das rechte Maß. Wichtig ist, daß der entscheidende Mann, der durch den fünften Strich repräsentiert ist, seiner Natur nach milde ist, während er durch seine Stellung ehrfurchtgebietend wirkt.
Das Bild der aktuellen Situation
Donner und Blitz: das Bild des Durchbeißens. So festigten die früheren Könige die Gesetze durch klarbestimmte Strafen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Die Strafen sind die einzelnen Anwendungen der Gesetze. Die Gesetze enthalten die Aufzeichnung der Strafen. Klarheit herrscht, wenn bei der Festsetzung der Strafen leichtere und schwerere je nach den entsprechenden Vergehen klar unterschieden werden. Das wird symbolisiert durch die Klarheit des Blitzes. Die Festigung der Gesetze erfolgt durch die gerechte Anwendung der Strafen. Das wird symbolisiert durch den Schrecken des Donners. Diese Klarheit und Strenge bezweckt, daß die Menschen in Respekt gehalten werden; nicht sind die Strafen um ihrer selbst willen wichtig. Die Hindernisse im Zusammenleben der Menschen werden alle groß durch Unklarheit der Strafbestimmungen und Lässigkeit in ihrer Ausführung. Nur durch Klarheit und bestimmte Raschheit der Strafen werden die Gesetze gefestigt.
Interpretation der veränderlichen Linien
Line 1: Steckt mit den Füßen im Block, daß die Zehen verschwinden Kein Makel.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn jemand sofort beim ersten Versuch, etwas Böses zu tun, der Strafe verfällt, so ist die Strafe nur leicht. Es werden nur die Zehen vom Block bedeckt. Er wird dadurch am Weitersündigen verhindert und wird so frei von Makel. Es ist das eine Mahnung, auf der Bahn des Bösen rechtzeitig einzuhalten.
Line 4: Beißt auf getrocknetes Knorpelfleisch. Erhält Metallpfeile. Fördernd ist es, der Schwierigkeiten eingedenk und beharrlich zu sein. Heil!
Kommentar von Richard Wilhelm:
Es sind sehr große Schwierigkeiten zu überwinden. Mächtige Gegner sollen bestraft werden. Das ist sehr mühsam. Doch es gelingt. Aber man muß die Härte von Metall und die Geradheit eines Pfeils besitzen, um die Schwierigkeiten zu überwinden. Wenn man diese Schwierigkeiten kennt und beharrlich bleibt so erlangt man Heil. Die schwierige Aufgabe gelingt zuletzt
Line 5: Beißt auf getrocknetes Muskelfleisch. Erhalt gelbes Gold. Beharrlich der Gefahr bewußt sein. Kein Makel
Kommentar von Richard Wilhelm:
Man hat einen Fall zu entscheiden, der zwar nicht leicht, aber doch klar ist. Aber die eigene Natur ist zur Gutmütigkeit geneigt. Darum muß man sich zusammennehmen daß man ist wie gelbes Gold, d. h. unparteiisch - Gelb ist die Farbe der Mitte - und treu wie Gold. Nur wenn man sich dauernd der Gefahren bewußt ist, die aus der Verantwortung entspringen, die man übernommen hat, bleibt man frei von Fehlern.
Die Zukunft
20. Guan - Die Betrachtung (der Anblick) Oben (vorne): Sun - das Sanfte (der Wind) Unten (hinten): Kun - das Empfangende (die Erde)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Der chinesische Name des Zeichens hat mit leichter Abwandlung der Betonung eine doppelte Bedeutung. Einerseits bedeutet es das Betrachten, andererseits das Gesehenwerden, das Vorbild. Diese Gedanken werden dadurch nahegelegt, daß das Zeichen aufgefaßt werden kann als das Bild eines Turmes ZEICHNUNG VOM TURM wie sie im alten China häufig waren. Von solchen Türmen hatte man eine weite Aussicht ringsumher, und andererseits war ein solcher Turm auf einem Berge weithin sichtbar. So wird durch das Zeichen ein Herrscher gezeigt, der nach oben das Gesetz des Himmels und nach unten die Sitten des Volkes betrachtet und der mit seiner guten Regierung ein erhabenes Vorbild für die Massen ist.
Das Zeichen ist dem achten Monat (September-Oktober) zugeordnet. Die lichte Kraft zieht sich zurück, die dunkle ist wieder im Steigen. Doch kommt diese Seite hier für die Gesamterklärung des Zeichens nicht in Betracht.
Das Urteil für die Zukunft
Die Betrachtung. Die Waschung ist geschehen, aber noch nicht die Darbringung. Vertrauensvoll blicken sie zu ihm auf.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Die Opferhandlung in China begann mit einer Waschung und Libation, durch die die Gottheit herbeigerufen wurde. Darauf wurden die Opfer dargebracht. Der Zeitpunkt zwischen beiden Handlungen ist der heiligste, der Augenblick höchster innerer Sammlung. Wenn die Frömmigkeit glaubensvoll und aufrichtig ist, so wirkt ihre Betrachtung auf die, die Zeugen sind, umwandelnd und ehrfurchtgebietend.
So ist in der Natur ein heiliger Ernst zu sehen in der Gesetzmäßigkeit, mit der alle Naturereignisse vor sich gehen. Die Betrachtung des göttlichen Sinns des Weltgeschehens gibt dem Mann, der auf Menschen zu wirken berufen ist, die Mittel an die Hand, dieselben Wirkungen auszuüben. Dazu ist eine innere Sammlung nötig, wie sie die religiöse Betrachtung in großen und glaubensstarken Menschen hervorbringt. Dadurch schauen sie die geheimnisvollen göttlichen Lebensgesetze und verschaffen ihnen durch den höchsten Ernst innerer Sammlung Verwirklichung in ihrer eigenen Persönlichkeit. So geht von ihrem Anblick eine geheimnisvolle geistige Macht aus, die auf die Menschen wirkt und sie unterwirft, ohne daß sie sich bewußt werden, wie das zugeht.
Das Bild der Zukunft
Der Wind geht über die Erde hin: das Bild der Betrachtung. So besuchten die alten Könige die Weltgegenden, betrachteten das Volk und spendeten Belehrung.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn der Wind über die Erde weht, so kommt er überall hin, und das Gras muß sich seiner Macht beugen. Diese beiden Vorgänge finden in dem Zeichen ihre Bestätigung. Sie waren in Wirklichkeit umgesetzt in den Einrichtungen der Könige des Altertums, die einerseits durch regelmäßige Reisen sich den Anblick ihres Volkes verschafften, so daß ihnen nichts, was als Sitte im Volk lebte, entgehen konnte, und die dabei andererseits ihren Einfluß geltend machten, durch den solche Sitten, die nicht stimmten, geändert wurden.
Das Ganze deutet auf die Macht der überlegenen Persönlichkeit. Eine solche wird die große Menge der Menschen übersehen in ihren wirklichen Gesinnungen, so daß keine Täuschung ihm gegenüber möglich ist, und andererseits wird er durch sein bloßes Dasein, durch die Wucht seiner Persönlichkeit, Eindruck auf sie machen, so daß sie sich nach ihm richten wie das Gras nach dem Winde.