Deine aktuelle Situation kann beschrieben werden als "Die Sammlung" und transformiert sich in "Nach Der Vollendung".
Vor Dir liegt "der See" - dieses Element transformiert sich in "das Wasser". Das bedeutet, dass Heiterkeit, Freude und Anziehungskraft umgewandelt wird in Gefahr, das Unbekannte, eingestellte Aktivität. Hinter Dir liegt "die Erde" - dieses Element transformiert sich in "das Feuer". Das bedeutet, dass Empfänglichkeit, Pflege und Erhaltung umgewandelt wird in Licht und Wärme, Hingabe und Leidenschaft.
Die Situation
45. Tsui - Die Sammlung Oben (vorne): Dui - das Heitere (der See) Unten (hinten): Kun - das Empfangende (die Erde)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das Zeichen ist dem Zeichen Bi, Zusammenhalten (Nr. 8), nach Form und Bedeutung verwandt. Dort das Wasser über der Erde, hier ein See über der Erde. Der See ist der Sammlungspunkt des Wassers, daher ist die Idee der Sammlung hier noch stärker ausgedrückt als in jenem Zeichen. Derselbe Grundgedanke ergibt sich auch daraus, daß es hier zwei starke Striche sind auf viertem und fünftem Platz, welche die Sammlung bewirken, während dort nur ein Strich an fünfter Stelle inmitten der Schwachen steht.
Das Urteil für die aktuelle Situation
Die Sammlung. Gelingen. Der König naht sich seinem Tempel. Fördernd ist es, den großen Mann zu sehen. Das bringt Gelingen. Fördernd ist Beharrlichkeit. Große Opfer zu bringen schafft Heil. Fördernd ist es, etwas zu unternehmen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Die Sammlung der Menschen in größeren Gemeinschaften ist entweder eine natürliche, wie innerhalb der Familie, oder eine künstliche, Klivie im Staat. Die Familie sammelt sich um den Vater als ihr Oberhaupt. Die Fortsetzung dieser Sammlung vollzieht sich durch die Ahnenopfer, bei denen sich der ganze Klan versammelt. Die Ahnen werden durch die gesammelte Andacht der Hinterbliebenen in ihrem Geiste konzentriert, so daß sie sich nicht zerstreuen und auflösen.
Wo die Menschen gesammelt werden sollen, bedarf es der religiösen Kräfte. Aber es muß auch ein menschliches Haupt als Mittelpunkt der Sammlung da sein. Um andere sammeln zu können, muß dieser Mittelpunkt der Sammlung erst in sich selbst gesammelt sein. Nur durch gesammelte moralische Kraft laßt sich die Welt einigen. Solche großen Einigungszeiten werden dann auch große Werke hinterlassen. Das ist der Sinn der großen Opfer, die gebracht werden. Und auch auf weltlichem Gebiet bedarf es in Zeiten der Sammlung großer Werke.
Das Bild der aktuellen Situation
Der See ist oberhalb der Erde: das Bild der Sammlung. So erneuert der Edle seine Waffen, um Unvorhergesehenem zu begegnen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn das Wasser im See sich sammelt, so daß es über die Erde emporsteigt, so droht ein Durchbruch. Dagegen muß man Vorkehrungen treffen. So entsteht auch leicht Streit, wo Menschen sich in großer Anzahl sammeln, wo Güter sich sammeln, entsteht leicht Raub. Darum muß man sich in Zeiten der Sammlung rechtzeitig rüsten, um Unerwartetes abzuwehren. Das Leid auf Erden kommt meist durch unerwartete Ereignisse, auf die man nicht gerüstet ist. Ist man gefaßt, so läßt es sich verhüten.
Interpretation der veränderlichen Linien
Line 1: Wenn du wahrhaftig bist, doch nicht bis zum Ende, so gibt es bald Verwirrung, bald Sammlung. Wenn du rufst, so kannst du nach einem Griff wieder lachen. Bedaure nichts. Hingehen ist ohne Makel.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Die Lage ist hier, daß man sich sammeln will um einen Führer, zu dem man aufblickt. Doch befindet man sich in zahlreicher Gesellschaft, durch die man sich beeinflussen läßt, so daß man in seinem Entschluß wankend wird. So hat man keinen festen Mittelpunkt für eine Sammlung. Wenn man aber dieser Not Ausdruck verleiht und um Hilfe ruft, so genügt ein Griff des Führers, um alle Not zu wenden. Darum darf man sich nicht irremachen lassen. Sich an jenen Führer anzuschließen, ist ohne weiteres das rechte.
Line 3: Sammlung unter Seufzen. Nichts, das fördernd wäre. Hingehen ist ohne Makel. Kleine Beschämung.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Man hat oft das Bedürfnis des Anschlusses, aber alle andern in der Umgebung haben sich schon untereinander zusammengeschlossen, so daß man isoliert bleibt. Die ganze Lage ist so, daß sie sich als unhaltbar erweist. Da gilt es, sich dem Fortschritt zuzuwenden, entschlossen sich an einen Mann anzuschließen, der dem Mittelpunkt der Sammlung nähersteht und einen in den geschlossenen Kreis einzuführen vermag. Das ist kein Fehler, auch wenn man als Außenseiter zunächst eine etwas beschämende Stellung hat.
Line 4: Großes Heil ! Kein Makel
Kommentar von Richard Wilhelm:
Es ist hier ein Mann gezeichnet, der im Namen seines Herrn die Menschen um sich sammelt. Da er keine Sondervorteile für sich erstrebt, sondern uneigennützig an der allgemeinen Einheit arbeitet, so ist seine Arbeit von Erfolg gekrönt, und alles wird recht.
Die Zukunft
63. Gi Dsi - Nach Der Vollendung Oben (vorne): Kan - das Abgründige (das Wasser) Unten (hinten): Li - das Haftende (das Feuer)
Kommentar von Richard Wilhelm:
Das Zeichen ist die Ausgestaltung des Zeichens Tal, der Friede (Nr. 11). Der Übergang aus der Verwirrung zur Ordnung ist vollzogen, und nun ist auch im einzelnen alles auf seinem Platz. Die starken Linien sind auf den starken, die schwachen Linien sind auf den schwachen Plätzen. Das ist ein sehr günstiger Aspekt. Allein er gibt doch zu denken. Gerade wenn das vollkommene Gleichgewicht erreicht ist, kann jede Bewegung dazu führen, daß aus dem Zustand der Ordnung wieder der Zerfall entsteht. Dem einen starken Strich, der nach oben gegangen ist und so die Ordnung im einzelnen vollkommen gemacht hat, folgen die anderen ihrer Natur entsprechend nach, und so entsteht dann plötzlich wieder das Zeichen Pi, die Stockung (Nr. 12). so deutet das Zeichen auf die Verhältnisse eines Höhepunktes, die äußerste Vorsicht nötig machen.
Das Urteil für die Zukunft
Gelingen im Kleinen. Fördernd ist Beharrlichkeit. Im Anfang Heil, am Ende Wirren.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Der Übergang von der alten in die neue Zeit ist schon vollzogen. Prinzipiell ist alles schon geregelt. Nur noch im einzelnen läßt sich Erfolg erzielen. Dabei kommt es jedoch darauf an, daß man stets die rechte Gesinnung wahrt. Es geht alles seinen Gang wie von selbst. Das verführt zu leicht dazu, daß man in seiner Anspannung erlahmt und die Dinge laufen läßt, ohne sich im einzelnen darum zu kümmern. Diese Gleichgültigkeit ist aber die Wurzel allen Übels. Aus ihr entspringen mit Notwendigkeit Verfallserscheinungen. Hier ist die Regel aufgestellt, wie es in der Geschichte zu gehen pflegt. Aber diese Regel ist kein unausweichliches Gesetz. Wer sie versteht, der vermag durch unausgesetzte Beständigkeit und Vorsicht ihre Wirkungen zu vermeiden.
Das Bild der Zukunft
Das Wasser ist oberhalb des Feuers: das Bild des Zustands nach der Vollendung. So bedenkt der Edle das Unglück und rüstet sich im voraus dagegen.
Kommentar von Richard Wilhelm:
Wenn das Wasser im Kessel über dem Feuer hängt, so stehen beide Elemente in Beziehung, und es wird dadurch Kraft erzeugt. (Vgl. die Entstehung des Dampfes.) Allein die dadurch entstehende Spannung gebietet Vorsicht. Läuft das Wasser über, so wird das Feuer ausgelöscht, und seine Kraftwirkung geht verloren. Ist die Hitze zu groß, so verdampft das Wasser und geht in die Luft. Die Elemente, die hier in Beziehung zueinander stehen und so Kraft wirken, sind an sich einander feindlich. Nur die äußerste Vorsicht kann Schaden verhüten. So gibt es auch im Leben Verhältnisse, da alle Kräfte ausgeglichen sind und zusammenwirken und daher scheinbar alles in bester Ordnung ist. Der Weise allein erkennt in solchen Zeiten die Momente der Gefahr und weiß durch rechtzeitige Vorkehrungen sie zu bannen.